Start der Tour ist am 2. September 2010 um halb sechs am Nachmittag
Zürich – Feldkirch, 149 km.
Es ist stark bewölkt aber trocken. Laut Wetterprognose soll es so bleiben. Wie schon bei früherer Gelegenheit, fahren wir in gewohnter Formation; das rote Bike vorne (zur Abschreckung), der Silbermond an zweiter Stelle. Es geht flott vorwärts. Bei Diepoldsau beginnt’s dann doch noch zu nieseln. Einige km weiter verabschiedet sich die Nässe zum Glück für uns Schönwetterfahrer schon wieder.
Wir tanken in Oberriet auf und erreichen Feldkirch ca. um halb acht.
Unterwegs reift allmählich die Erkenntnis, dass wir vorteilhafterweise anstelle des gebuchten Sitzplatzes einen Liegeplatz nehmen sollten. Die Bahnfahrt dauert schliesslich von ca. 22:30 Uhr bis 06:15 Uhr, also gegen acht Stunden. Der Beamte am Schalter kann die Umbuchung nicht mehr vornehmen, zu spät. Wir sollen den Liegewagenschaffner fragen.
Wir essen Schnipo im Bahnhofbuffet. Gegen neun füllt sich das Lokal mit schwarzen Gestalten, das bekannte Emblem auf Brust, Rücken, Schulter, wohin man auch schauen mag, immer ist es da. Es wird laut. Die alle wollen auch nach Villach. Da finde das jährliche europäische Treffen der Dunkeln statt, erfährt man bei zeitweilig abebbendem Lärm.
Um halb zehn machen wir uns in Richtung Verladerampe auf. Es kommt Bewegung in die Wartenden. Plötzlich donnert eine heisse Beauty (schwarz und mit Outfit wie aus einem Hochglanzmagazin) auf einer speziell gestylten Maschine (massiv verbreiterter Lenker) heran, überholt ohne Umschweife die wartende Kolonne und stellt ihr Bike vorne an die erste Stelle hin. Wie heisst es doch so fein „Ladies first“, aha, so ist das gemeint!
Endlich können wir verladen. Die Männer von der Bahn wollen die Tickets sehen und geben genaue Anweisungen zum Verlad. Die Haltebänder machen sie an der Gabel statt am Rahmen und am hinteren Gestänge fest. So ziemlich falsch.
Zum Perron, wo ein Zug steht, sind es einige 100 m. Der geht nach Graz, also nix für uns. Da kommt unser Zug. Ich erkundige ich mich beim Schaffner sofort nach einem Liegeplatz. Ja, er hat noch welche, kosten aber je 103€. Der bereits für den Sitzplatz bezahlte Betrag wird nicht angerechnet, das müssten wir später mit der ÖBB regeln. Der arme Livio schluckt. Er weiss eben noch nicht, welche Vorteile er sich damit einhandelt! Die Rückforderung des für die Sitzplätze bezahlten Betrages sollte sich noch zu einem wochenlangen, nervigen Mailverkehr mit der ÖBB Verwaltung herausstellen! Am Ende erhalten wir Reisegutscheine.
Im Abteil sitzt bereits eine schwarze Gestalt, die sich bereits auf eine Solofahrt häuslich eingerichtet hat. Sie wirkt offensichtlich genervt, als wir ohne zu zögern in ihr Reich eindringen. Die Spannung löst sich aber nach den ersten Wortwechseln rasch. Schliesslich sind wir Brüder im Herzen. Der Kamerad fährt auch zum Treffen der Schwarzen Lederjacken. Livio spricht mit ihm über die Vorzüge (es gibt eben nur welche) seiner Maschine, derweil ich mich zum Zähneputzen ins WC verschiebe. Anschliessend verziehe mich nach oben ins Kajütenbett, denn wir müssen morgen früh raus. Die beiden Helden bleiben unten.
Der Zug rüttelt ganz ordentlich. Klar, es geht hier langsam und um viele Ecken herum nach Osten. Nicht wie nach Hamburg, wo es schnell und meist gerade aus geht. Der Zug hält verschiedene Male. Die beiden schwatzen so alle 2 h miteinander. Man liegt gut hier oben und braucht nicht weiter auf andere zu hören.